Bestimmt hast Du schon mal den Satz gehört: Wenn die Zinsen fallen, steigen die Aktien und vice versa.
Ist dies jedoch lediglich eine längst überholte Binsenweisheit oder steckt hinter dem Spruch doch ein wirtschaftswissenschaftlicher Zusammenhang? In diesem Beitrag bekommst Du die Antwort auf diese Frage und einige Handlungsempfehlungen, welche sich aus dem Wissen um die Zinsen ableiten lassen.
Wenn Du den Zinsmarkt betrachtest, kannst Du ihn mit der Intensität im Fitness-Training vergleichen.
Höhere Zinsen entsprechen intensiveren Trainingsbelastungen – es wird schwieriger, Fortschritte zu machen, da der Körper (oder in diesem Fall die Wirtschaft) stärker beansprucht wird.
Niedrige Zinsen hingegen sind vergleichbar mit leichteren Trainingseinheiten, die es den Muskeln (hier den Unternehmen) ermöglichen, sich zu erholen und zu wachsen.
In den Jahren nach der globalen Finanzkrise 2008 gab es eine Phase extrem niedriger Zinsen.
Diese "Erholungsphase" war notwendig, um den wirtschaftlichen Kollaps zu verhindern und die Märkte wieder anzukurbeln. Unternehmen profitierten von billigen Krediten und konnten ihr Wachstum ankurbeln, was sich in einer positiven Entwicklung des Aktienmarktes widerspiegelte.
Ähnlich verhält es sich im Training: Nach einer Verletzung oder anstrengenden Phase können leichtere Trainingseinheiten und Ruhephasen dazu beitragen, dass sich die Muskeln wieder aufbauen.
Zwischen 2009 und 2020 stiegen die Kurse des S&P 500 (Aktienindex in den USA) kontinuierlich, unterstützt durch niedrige Zinsen, die es Investoren erleichterten, in riskantere Anlagen wie Aktien zu investieren.
Unternehmen hatten Zugang zu günstigem Kapital, was zu höheren Investitionen und Wachstum führte.
Im Gegensatz dazu führen hohe Zinsen zu einem anderen Szenario.
Wie beim Hochintensitätstraining HIT steigen die Anforderungen an den Körper und Fortschritte werden schwieriger.
Für Unternehmen bedeuten hohe Zinsen teurere Kredite, was Investitionen verlangsamt und Gewinne schmälert. Auch Anleger bevorzugen in einem Hochzinsumfeld oft weniger riskante Anlagen wie Anleihen, was Druck auf den Aktienmarkt ausübt.
Beispielhaft lässt sich das Jahr 2022 heranziehen: Die steigenden Zinsen zur Bekämpfung der Inflation führten zu einer negativen Performance am Aktienmarkt. Anleger zogen sich in weniger volatile und sichere Anlagen zurück, was den S&P 500 Index deutlich belastete.
Um den Zusammenhang zwischen Zinsentwicklung und Aktienmarkt besser zu verstehen, schauen wir uns die historische Entwicklung an.
Die Entwicklung der Zinsen und des S&P 500 Index von 2000 bis 2024 zeigen, dass Zinsänderungen nicht immer eine lineare Wirkung auf den Aktienmarkt haben.
Zwischen 2000 und 2007 stiegen die Zinsen kontinuierlich, und der Aktienmarkt zeigte gemischte Reaktionen.
Die Dotcom-Blase führte im Jahr 2001 zu einem Rückgang des S&P 500, obwohl die Zinsen zu dieser Zeit ebenfalls sanken.
Dies zeigt, dass Zinsen nur ein Faktor sind – Marktstimmungen und andere ökonomische Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle.
Im September 2024 befinden wir uns erneut in einem Umfeld steigender Zinsen.
Die US-Notenbank hat die Zinsen angehoben, um die hartnäckige Inflation zu bekämpfen. Unternehmen sehen sich steigenden Finanzierungskosten gegenüber, und der S&P 500 hat infolgedessen eine leichte Korrektur erlebt.
Statistisch betrachtet gibt es lediglich eine schwach negative Korrelation (Zusammenhang) zwischen der Zinsentwicklung und der Veränderung des S&P 500 über die letzten 24 Jahre (-0.137).
Dies bedeutet, dass steigende Zinsen tendenziell mit fallenden Aktienkursen korrelieren
Allerdings ist diese Korrelation nicht stark genug, um als alleiniger Indikator für die zukünftige Marktentwicklung zu dienen. Es zeigt vielmehr, dass viele weitere Faktoren wie Unternehmensgewinne, Inflationserwartungen und geopolitische Ereignisse ebenfalls eine Rolle spielen.
Für private Anleger, die sich in diesem Umfeld zurechtfinden müssen, empfehle ich daher immer die folgenden drei Handlungen:
Kurzfristige Zinsschwankungen können den Aktienmarkt belasten, aber auf lange Sicht haben Aktienmärkte historisch immer zugelegt.
Ein diversifiziertes Portfolio (Rendite-Baustein und Sicherheiten-Baustein) hilft, kurzfristige Volatilitäten abzufedern.
Wenn Zinsen steigen, werden Anleihen wieder attraktiver. Es kann sinnvoll sein, einen Teil des Portfolios in festverzinsliche Wertpapiere umzuschichten, um das Risiko zu streuen.
Dies entspricht der allgemeinen, wissenschaftlichen Lehrmeinung zum Thema Geldanlage. Für institutionelle Investoren mag sich dies auch konkret bewahrheiten. Im Rahmen der Portfoliostruktur für Privatanleger ist diese Handlung in meinen Augen den fortgeschritteneren Anlegern vorbehalten.
In einem Hochzinsumfeld werden Unternehmen mit starken Bilanzen und stabilen Cashflows bevorzugt. Diese Unternehmen können auch in Zeiten höherer Finanzierungskosten überleben und wachsen.
Dies setze ich im Rahmen meiner Coachings gerne mit ETFs um, da hier schon die entsprechende Vorauswahl getroffen wurde und wir uns als Privatanleger nicht den Kopf darüber zerbrechen müssen, ob Daimler und VW den Turn around schaffen oder ob Nvidia nicht doch besser wäre.
Die Zinsentwicklung spielt eine bedeutende Rolle für den Aktienmarkt, ähnlich wie die Intensität im Training den Fortschritt beeinflusst.
Steigende Zinsen erschweren es Unternehmen, sich zu finanzieren, während niedrige Zinsen für Wachstum sorgen können.
Hierbei solltest Du als Anleger Zinsen lediglich als Teil eines größeren Bildes betrachten und langfristig denken.
Ich persönlich schau mir die Zinsen immer mal wieder an, jedoch eher aus Neugier, als dass die aktuelle Zinslage irgendwelche gravierenden Einflüsse auf meine Anlageentscheidungen hätten.
Die Gewichtung des eigenen Portfolios in den Bereichen Sicherheit und Rendite hat einen deutlich stärkeren Einfluss auf Deine Performance als die Zinsen.
Hinweis/Legal Disclaimer:
Alle Beiträge dieser Webseite dienen lediglich der Information und stellen niemals eine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf verschiedenster Wertpapiere dar. Der Handel mit börsennotierten Wertpapieren kann erheblichen Kursschwankungen unterliegen, welche zu großen Verlusten bis hin zum Totalverlust führen können. Jede Anlageentscheidung, die Sie aufgrund von Informationen, welche aus diesen Seiten hervorgehen, treffen, basiert auf Ihrer eigenen Vorantwortung, auf eigene Gefahr und auf eigenes Risiko. Die auf dieser Webseite präsentierten Informationen wurden sorgfältig recherchiert, nichts desto trotz übernimmt der Autor keinerlei Gewährleistung für die Aktualität, Richtigkeit oder Vollständigkeit der Inhalte und haftet nicht für materielle und/oder immaterielle Schäden, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung der Informationen oder durch die fehlerhafte Nutzung oder unvollständige Inhalte verursacht wurden.