Das vielleicht wichtigste Konzept in der technischen Chartanalyse ist die Beachtung von Unterstützungen und Widerständen. Die Kenntnis über beide Kursniveaus ist elementar wichtig und stellt einen festen Bestandteil jeder erfolgreichen Handelsstrategie dar.
In meinem Beitrag über typische Kursverläufe hast Du bereits gelernt, dass Kurse sich nicht linear in eine Richtung bewegen, sondern in Wellen oder Zick-Zack-Mustern verlaufen.
Die übergeordnete Richtung gibt dabei den sogenannten Trend an.
Im obigen Chart kannst Du erkennen, wie der Kurs an seinen Wendepunkten immer höhere Hochpunkte und höhere Tiefpunkte ausbildet. Es handelt sich daher um einen klassischen Aufwärtstrend.
Betrachten wir nun den Chart mit anderen Augen und widmen uns speziell diesen Wendepunkten.
Wenn der Kurs eine gewisse Zeit lang in eine Richtung läuft, um dann in die entgegengesetzte Richtung zu drehen, entsteht ein Wendepunkt.
War die zugrunde liegende Bewegung zunächst abwärts gerichtet und danach steigen die Kurse, entsteht ein Tiefpunkt.
War die zugrunde liegende Bewegung zunächst aufwärts gerichtet und danach fallen die Kurse, entsteht ein Hochpunkt.
Diesen Wendepunkten solltest Du in Deinem Trading und Deiner Chart Analyse besondere Beachtung schenken. Hierbei gilt:
Die Tiefpunkte des vergangenen Kursverlaufs bilden nämlich für die Zukunft sogenannte Unterstützungen.
Eine Unterstüzung wird durch ein früheres Tief festgelegt
Wohin gegen die Hochpunkte der Vergangenheit für die Zukunft die Grundlage sogenannter Widerstände bilden.
Ein Widerstand wird durch ein früheres Hoch festgelegt
Verdeutlichen wir uns beide Szenarien im Aufwärts- bzw. Abwärtstrend.
Ein Aufwärtstrend ist gekennzeichnet durch höhere Hochs und höhere Tiefs.
Die Hochpunkte bilden für den weiteren Kursverlauf Widerstände, wohin gegen die Tiefpunkte für die Zukunft zu Unterstützungen werden.
Ein Abwärtstrend ist gekennzeichnet durch tiefere Tiefs und tiefere Hochs.
Wichtig: Im Abwärtstrend drehen sich die Funktionen der Wendepunkte nicht um (im Gegensatz zum Kursverlauf).
Das Konzept von Unterstützung und Widerstand ist also losgelöst von der Trendrichtung
Die Tiefpunkte bilden für den weiteren Kursverlauf erneut Unterstützungen aus, wohingegen die Hochpunkte erneut zu Widerständen werden.
Im Kapitel 2 lernst Du, warum die Kursniveaus von Unterstützung und Widerstand funktionieren. An dieser Stelle wollen wir uns jedoch lediglich der Frage ihrer Stabilität widmen.
Hierzu gilt folgendes:
Je häufiger der Kurs von Unterstützung/Widerstand abprallt, desto stabiler ist das jeweilige Kursniveau
Nicht jedes Hoch wird zu einem stabilen Widerstand.
Und nicht jedes Tief wird zu einer stabilen Unterstützung.
Wird das gleiche Kursniveau jedoch mehrfach (min. 2x) vom Kurs angetestet und nicht durchbrochen, gewinnt es mit jedem Test an Festigkeit und Bedeutung.
Wenn ein Kurs in seiner Aufwärtsbewegung zweimal das gleiche Nivau nicht überschreiten kann und wieder fällt, entsteht ein Doppel Top.
Inhaltlich entsteht ein solches Doppel Top, wenn an einem bestimmten Kursniveau den bullishen Tradern (Käuferseite) die Luft ausgeht.
Ab diesem Niveau möchte niemand mehr Aktien kaufen, wohingegen viele bereit sind, hier zu verkaufen.
Wenn bei sinkenden Kursen zweimal das gleiche Niveau nicht unterschritten werden kann, entsteht ein Boden.
Der Boden kommt zustande, wenn die Bären an Kraft verlieren und die Bullen übernehmen:
Fällt der Kurs auf ein bestimmtes Niveau, möchte niemand mehr Aktien verkaufen.
Andererseits sind viele Trader bereit, zu diesem Kurs Aktien zu kaufen.
Unterstützungen und Widerstandslinien sind wichtig und sinnvoll: Sie sind erstens sehr leicht zu identifizieren und zweitens erinnern sich Märkte (Menschen) an vergangene Preisniveaus.
Es gilt dabei:
Kommen wir zu einer wichtigen Frage, nämlich:
Warum funktionieren Unterstützungen und Widerstände in der Praxis eigentlich so gut?
Technische Analyse ist gewinnorientierte Sozialpsychologie
Du versuchst anhand des Kursverlaufes zu verstehen, wie die Marktteilnehmer ticken und was sie aktuell umtreibt.
Dieses Wissen nutzt Du dann, um Kursvorhersagen zu generieren, die Du für Deine Tradingidee nutzen kannst.
Betrachten wir im folgenden 3 verschiedene mögliche Trader:
Der Long Trader hat eine Aktien Position aufgebaut, als der Markt das erste Mal einen Tiefpunkt gebildet hat.
Anschließend sind die Kurse gestiegen und er freut sich über Gewinne. Kehrt der Kurs nun vorübergehend zu seinem Einstiegspunkt zurück, fängt er an, seine anfängliche Position aufzustocken, um seinen potenziellen Gewinn zu erhöhen.
Er ist also bullish und sorgt für steigende Preise.
Der Short Trader hat den Kurs anders interpretiert und mittels Leerverkauf Short Positionen aufgebaut, als der Kurs am fallen war.
Da der Kurs nun zweimal von einer Unterstützung abgeprallt ist, bekommt er es mit der Angst zu tun, dass er sich hinsichtlich der Kursentwicklung geirrt hat. Er möchte seine Position nun schließen, um potentielle Verluste zu meiden (oder zu minimieren) und kauft demzufolge Aktien.
Auch dies führt zu steigenden Kursen.
Dieser Trader beobachtet den Markt und hält noch gar keine Position.
Wenn der Kurs einer Aktie jedoch einen Boden bildet und zu steigen anfängt, springt er auf den Zug auf und kauft, um an der bevorstehenden Rallye zu partizipieren.
Auch sein Verhalten sorgt für steigende Preise.
Ehrlich gesagt bin ich mir nicht sicher, ob all diese Lehrbuch-Erklärungen, welche von Menschen formuliert wurden, die wesentlich schlauer sind als ich, tatsächlich erklären, warum Unterstützungs- und Widerstandszonen in Märkten funktionieren.
Zu jedem Auftrag muss es ja an der Börse auch eine Gegenpartei geben, welche also offenbar anderer Meinung sein wird.
Ich persönlich halte die oben aufgeführten Erklärungen daher nicht kausal für die Wirksamkeit der Zonen.
Deutlich wahrscheinlicher erachte ich die Tatsache, dass das Wissen um diese Zonen, ihre leichte Anwendbarkeit und die hohe Verbreitung zu selbsterfüllenden Prophezeihungen führt:
Wenn Kurse in der Vergangenheit Tief-/Hochpunkte ausgebildet haben, kann die jeder Trader im Chart leicht erkennen und als Unterstützung bzw. Widerstand identifizieren.
Vielleicht ist es auch noch einfacher und es sind schlicht und ergreifend Preiszonen, an denen sich das Verhältnis von Käufern zu Verkäufern (Angebot und Nachfrage), warum auch immer, ändert.
Sei es drum: Für Dich und mich zählt eigentlich nur der Fakt, dass Unterstützungen und Widerstände in der Praxis funktionieren und wir sie deshalb in unserem Trading berücksichtigen sollten.
Wie kannst Du nun das Wissen um diese Preiszonen in Deinem Trading nutzen?
Hierzu möchte ich Dir zwei Beispiele anbieten:
Widerstände und Unterstützungen werden von vielen Tradern zur Eröffnung neuer Positionen genutzt.
Das folgende Schaubild verdeutlicht die Vorgehensweise.
Die Idee hinter dieser Vorgehensweise besticht durch ihre Einfachheit und die hohe Erfolgsquote:
Testet der Kurs von Aktien beispielsweise eine Unterstützung und kann diese nicht durchbrechen, haben die Bullen die Oberhand über die Bären gewonnen. Es steht also zu vermuten, dass der Kurs weiter steigen wird.
Viele Händler nutzen solche Gelegenheiten für ihr Trading und kaufen in solchen Situationen.
Dadurch verstärkt sich die Aufwärtsbewegung noch.
Im Fall eines Abwärtstrends funktioniert das Spiel mit Widerständen analog.
Ist die Position einmal eröffnet, ergibt sich automatisch die Frage: Bei welchem Kurs solltest Du im Fall von Verlusten die Position schließen, um Dein Geld zu schützen?
Auch hier liefern Widerstand und Unterstützung wertvolle Informationen.
Viele Trader legen ihre Stop Loss Orders, welche sie zum begrenzen ihrer Verluste nutzen, sehr nah hinter die jeweilige Unterstützungs- bzw. Widerstandszone.
Dieses Vorgehen hat 2 Vorteile:
1. Der Stop Loss kann sehr eng gelegt werden und der mögliche Verlust damit sehr klein gehalten werden
2. Die Wahrscheinlichkeit, dass der Stop Loss getriggert wird, ist gering, da der Kurs ja schon min. 2x vor diesem Niveau gedreht hat
Nun möchtest Du bestimmt abschließend auch mal ein paar reale Kurse analysieren. Aus diesem Grund habe ich Dir hier Beispiele für Unterstützungen eingefügt.
Eine sehr starke Unterstüzung kannst Du im Chart auf 1-Tages-Basis bei Dropbox erkennen: Beim Kurs von 19 USD findest Du die entsprechende Kurszone.
Dieses Beispiel zeigt anschaulich gleich mehrere Aspekte sehr deutlich auf:
1. Die Unterstützung geht über einen sehr langen Zeitraum (ca. 1 Jahr). Daher ist sie sehr stabil
2. Bei diesen Kurszonen handelt es sich nicht um mathematisch genaue Kursangaben im zweiten Nachkommastellenbereich, sondern um ein Konzept, wo etwas Augenmaß und Spielraum notwendig ist: Der zweite Test hat die Kurszone nicht ganz berührt, wohingegen die Nummer 3 sogar die Unterstützung für einen Tag durchbrochen hat. Der vierte Test hat ebenfalls nicht ganz an den Kurs von 19.00 USD erreicht
Ebenfalls eine sehr schöne Unterstützung kannst Du bei Intel bei rund 24.50 USD finden. Auch hier ist der Zeitrahmen 1-Tages-Kerzen.
Analog zum Beispiel von Dropbox ist auch hier zu erkennen, dass die Kurse nicht exakt getestet werden (gerade der zweite Test erreicht die Unterstützung nicht ganz).
Obwohl der Zeitraum mit rund 5 Monaten deutlich kürzer liegt, handelt es sich um einen sehr stabilen Boden. Dies wird umso klarer, wenn Du Dir den vorherigen Abwärtstrend ansiehst.
Nach den Unterstützungen möchte ich Dir abschließend natürlich auch noch ein paar Widerstände aus der praktischen Chartanalyse nicht vorenthalten.
Eine Kursmarke, an der Coca Cola lange zu knacken hat, liegt bei 65.00 USD.
Der folgende Chart zeigt deutlich, wie diese Marke immer wieder angetestet, jedoch nicht durchbrochen wird.
Der Widerstand ist aus vielerlei Gründen maximal stabil:
1. Er erstreckt sich über einen sehr langen Zeitraum (rund 10 Monate)
2. Die Kursbewegungen innerhalb dieses Zeitraum sind sehr groß
3. Das Kursniveau wird insgesamt 7x getestet
Einen charttechnisch sehr schönen Widerstand findest Du im 1 Tages Chart von Aflac:
Der Widerstand ist nicht ganz so stabil, weil der Zeitraum deutlich kürzer ist und die Kursbewegungen auch geringer ausfallen.
Trotzdem ist er signifikant und klar zu erkennen.
Besonders schön an diesem Beispiel ist der Umstand, dass der Kurs von 70.50 USD nahezu exakt immer wieder angetestet wurde/wird.
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